Millionenfache Proteste
Generalstreik in Italien gegen Israels Angriff auf die Sumud-Flottille
von Gerhard Feldbauer, 4. Oktober 2025
Gegen die gewaltsame Festsetzung der Gaza-Hilfsflotte "Global Sumud Flotilla" durch Israel haben am Freitag während eines Generalstreiks in über 100 Städten von Mailand bis Palermo mehr als zwei Millionen Menschen an den Protesten teilgenommen, berichtete die Plattform Collletiva der CGIL-Gewerkschaft. Allein in Rom waren es 300.000. Sie blockierten Straßen, Bahnhöfe, Autobahnen und Hochgeschwindigkeitsstrecken, in Genua und Neapel die Zugänge zu den Häfen, in Pisa stürmten sie den Flughafen. Der Nah- und Fernverkehr wie auch die öffentlichen Dienste wurden weitgehend lahmgelegt, an Schulen und Universitäten ruhte der Unterricht.
"Stoppt den Völkermord, wir alle sind die globale Sumud-Flottille": Das war ein einziger Schrei von hunderttausenden Menschen, der von über hundert italienischen Plätzen aus erklang. In Mailand waren bereits am Donnerstagabend Teilnehmer eines pro-palästinensischen Protestmarschs zum Domplatz gezogen, Aktivisten hatten das Podest der Reiterstatue Königs Viktor Emanuel II. bestiegen, palästinensische Fahnen geschwenkt und Rauchfackeln angezündet. Neben Slogans wie "Free, free Palestine" sangen sie das Partisanenlied "Bella ciao", das von der Menge mitgesungen und beklatscht wurde.
Der Aufruf ging als erstes von den Basis-Gewerkschaften Unione Sindacale di Base aus. Die inzwischen über eine halbe Million Mitglieder zählende USB erwies sich erneut als Motor der wachsenden Kampfaktionen, was der folgende Appell der CGIL zur landesweiten Arbeitsniederlegung zeigte. Der Sprecher der Linkspartei Potere al Popolo (Die Macht dem Volke), Giuliano Granato, nannte den Streik einen "Riesenerfolg", der die Proteste eines Großteils der Bevölkerung gegen den Völkermord Israels zeige, den die Regierung seit zwei Jahren nicht wage.
Der Streik fing an, nachdem das israelische Militär am Mittwochabend begonnen hatte, Boote der Hilfsflotte zu entern und deren Besatzungen völkerrechtswidrig nach Israel zu entführen. Das letzte Boot, die "Marinette", war am Freitagmorgen etwa 80 Kilometer vor der Küste des Gazastreifens von israelischen Soldaten gestoppt worden. Insgesamt waren 461 Aktivisten aus 47 verschiedenen Ländern mit 42 Booten im August aufgebrochen, um die Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. An Bord der Schiffe befanden sich vier italienische Parlamentarier der Mitte-Links-Opposition - Senator Marco Croatti (M5S), MdEP Annalisa Corrado (PD), Arturo Scotto (PD) und MdEP Benedetta Scuderi (links-grünes Bündnis AVS), die nach ihrer Festnahme wieder freigelassen wurden. Die Boote waren mit Lebensmitteln, Medikamenten und medizinischer Ausrüstung für die hungernde Zivilbevölkerung Gazas beladen.
Wie die Organisatoren der Hilfsflotte in einer Presseerklärung am Donnerstag mitteilten, wurden die Boote "mit Wasserwerfern angegriffen, mit stinkendem Wasser bespritzt und ihre Kommunikationswege systematisch gestört". Die Aktivisten seien in internationalen Gewässern von israelischen Streitkräften festgenommen und in das Saharonim-Gefängnis in der Negev-Wüste im Süden Israels gebracht worden. Der Überfall wurde als ein "weiterer Akt der Aggression gegen unbewaffnete Zivilisten" angeprangert, der einen direkten Verstoß gegen das Völkerrecht und die grundlegenden Menschenrechte darstelle. "Das Abfangen humanitärer Schiffe in internationalen Gewässern ist ein Kriegsverbrechen; die Verweigerung von Rechtsbeistand und die Verschleierung des Schicksals der Festgenommenen verschärfen dieses Verbrechen", hieß es in der Erklärung.
Die Seeblockade des Küstenstreifens hält Israel seit 2007 aufrecht. Bei einem Versuch, diese zu durchbrechen, waren im Jahr 2010 neun Aktivisten durch israelische Soldaten getötet worden. Bereits im Juni dieses Jahres hatten israelische Marineeinheiten zwölf Besatzungsmitglieder eines Schiffes festgenommen, als diese sich dem Gazastreifen näherten.
Nach Medienberichten wurden ca. 160 der über 400 von Israel festgenommenen Besatzungsmitglieder der Gaza-Flottille am Montagnachmittag nach Griechenland abgeschoben und landeten auf dem Athener Flughafen. Weitere 131 Aktivisten sollen am Mittwoch nach Jordanien abgeschoben worden sein.
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Quelle:
© 2025 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 10. Oktober 2025
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