Dieser Fußboden war glatt und schien ohne Ende zu sein. Mäxchen ließ sich verzweifelt zu Boden plumpsen und suchte nach einem kürzeren und besseren Weg. Kellerasseln sind meistens fleißig, doch Mäxchen ging alles geruhsam an. Allein diese Strecke zurückzulegen, war anstrengend und dann sollte er nebenbei auch noch aufräumen, nein, das war nicht nötig, befand er. Mäxchen dachte viel nach, über sein Leben, über die Welt um ihn herum, die ihm so unendlich riesig vorkam. Manchmal überkam ihn so eine Sehnsucht wissen zu wollen, wie groß die Welt nun wirklich sei. Er wünschte, er könne sich selbst auf den Weg machen, um sie zu erkunden. Doch wie sollte das gehen, wenn man so winzig ist? Nach einer kleinen Pause, die er sich gegönnt hatte, setzte er seinen Weg fort und erblickte ganz in der Nähe einen Unterschlupf. Er konnte nicht wissen, dass es sich bei seiner neuen Höhle, um die Sohle des alten Pantoffels handelte, der vergessen unter dem Schuhregal stand. Dort war es dunkel, staubig und muffig. "Prima", jauchzte Mäxchen, "besser geht es gar nicht. Hier ruhe ich mich aus. Keiner sieht mich und kann mich zum Aufräumen drängen. Vor dem Regal schimmerte es feucht. Hatte jemand etwas Wasser verschüttet? Mäxchen konnte sein Glück gar nicht fassen, er hatte zu trinken und wusste von der Bananenschale, die jemand neben statt in den Komposteimer fallengelassen hatte. Er streckte alle seine Beinchen und ließ sich dann gemütlich im Staub nieder. Es dauerte nicht lange, dann schlief er auch schon mit der Vorfreude auf ein leckeres Bananenmahl ein.
Was Mäxchen nicht wusste: Er hatte einen Mitbewohner, genau ein Stockwerk über ihm wohnte schon seit langem eine Spinne. Sie war gerade damit beschäftigt, ihr Spinnennetz zu säubern und auszubessern. Leider hatte sich niemand darin verfangen. Sie überlegte, ob sie das alte Netz nicht besser abreißen und ein neues spinnen sollte. Irgendwie glaubte sie, dass sich dann bald ein Opfer darin verheddern würde. Sie hatte Hunger, großen Hunger. Während sie so darüber nachdachte und dabei ihren Blick in die Ferne schweifen ließ, entdeckte sie direkt unter ihrem Schuhregalbrett eine Kellerassel. Es war ein großes, wohlgenährtes Wesen. Selten hatte die Spinne eine so leckere Kellerassel gesehen. Voller Freude spann sie einen Faden, den sie am Brett befestigte und ließ sich langsam hinabgleiten.
"Mama, Mama, komm schnell, hier ist eine Spinne im Schuhregal und Spinnweben an meinem Gummistiefel! Igitt, Mama!"
"Das darf doch nicht wahr sein, stell dich nicht so an. Spinnen sind Lebewesen wie du und ich, auch sie wollen leben."
"Ja, Mama, aber doch nicht im Schuhregal, nicht in meinem Gummistiefel", empörte sich das Mädchen.
"Ich habe einen Vorschlag, wie wäre es, wenn du auch ab und zu mal putzen würdest? Staubwischen soll zum Beispiel gegen Spinnen helfen."
Die Mutter nahm den Spinnenfaden auf und trug ihn vorsichtig samt daran hängender Spinne, um sie vor die Tür zu setzen. Doch da klingelte ihr Handy und sie ließ Faden und Spinne fallen, denn sie hatte schon den ganzen Vormittag auf diesen Anruf gewartet. Das war die Rettung für die Spinne, die nun eiligst hinter dem Schuhregal verschwand. Gut versteckt wartete sie, bis Mutter und Tochter wieder hinter der Küchentür verschwunden waren.
Der Lärm hatte auch Mäxchen geweckt und er hatte genau mitangehört, was der Grund für das entsetzte Geschrei des Kindes war: "Eine Spinne, hier in meinem Versteck?!" Die Kellerassel erschrak und zitterte. Ihr Todfeind ganz in ihrer Nähe. Mäxchen war hellwach. "Jetzt heißt es so schnell wie möglich fort von hier. Aber wenn ich nun über den Fußboden laufe, dann sieht sie mich, vielleicht hat sie mich ja noch gar nicht entdeckt und es wäre besser, wenn ich einfach hier bleibe und abwarte?", grübelte Mäxchen aufgewühlt hin und her. "Ich klettere am besten auf das Regalbrett über mir, von dort aus kann ich alles besser übersehen. Vielleicht kann ich einen sicheren Ausweg entdecken."
Die Spinne beschloss, ihr Versteck zu verlassen und sich wieder zu ihrem Spinnennetz zu begeben. "Von dort aus will ich dann nach der Kellerassel Ausschau halten." Gesagt, getan - krabbelte sie vorsichtig in Richtung Spinnennetz. Doch kurz bevor sie ihr Ziel erreicht hatte, blieb eines ihrer acht Beine in einem winzigen Holzspalt hängen und knickte ab. Das tat weh. "Au", schrie sie, "so ein Mist!" Langsam befreite sie ihr Bein aus der Klemme, aber es schmerzte doch sehr. Mit ihren sieben restlichen Beinen erreichte sie ihr altes Spinnennetz, das verletzte Bein zog sie nach und bei jeder Bewegung stöhnte sie ein "Aua".
Auch Mäxchen hatte sich bereits dort oben eingefunden und blickte in die Tiefe auf der Suche nach einem Ausweg. Das laute Stöhnen der Spinne ließ ihn herumwirbeln und so blickte er direkt in die erstaunten Augen seines Todfeinds. "Was nun, wohin, kein Entkommen" - Gedankenfetzen huschten ihm durch seinen Kopf. Beim zweiten Hinsehen bemerkte er das verletzte Bein der Spinne und ihm kam eine Idee. "Hallo", zitternd sprach er weiter und nahm seinen ganzen Mut zusammen, "soll ich dein Bein wieder in Ordnung bringen?"
Ungläubig starrte die Spinne ihn an: "Kannst du das denn?" "Immerhin hat sie mich angehört", dachte er sich und so wurde er etwas mutiger: "Ja, ich werde dein Bein wieder gerade biegen. Dann musst du eine Weile still liegen bleiben und darfst es nicht bewegen. Nach einer Weile werden die Schmerzen aufhören und noch etwas später kannst du dein Bein wieder benutzen." "Ha", schimpfte die Spinne, "und wenn ich still liegen bleiben muss, ergreifst du die Flucht. Ich habe dich durchschaut."
Buntstiftzeichnung: © 2025 by Schattenblick
"Nein, ich bleibe, bis dein Bein wieder ganz heil ist! Du musst mir noch einen kleinen Spinnenfaden geben, den wickle ich dann um die verletzte Stelle, dann hält es besser."
"Warum tust du das?", flüsterte die Spinne ungläubig.
"Tja, so genau weiß ich das auch nicht, aber ich stelle mir vor, eines meiner Beine wäre kaputt, dann wäre ich froh, wenn mir jemand helfen würde, vielleicht deswegen?"
So kam es, dass Mäxchen das Bein der Spinne gerade zog und mit dem Spinnenfaden umwickelte. Die Spinne schaute ihr verbundenes Bein an, das nun nicht mehr wehtat. Mäxchen ließ sich in einem kleinen Abstand nieder und sah die Spinne an. Sie bedankte sich bei ihm sehr höflich: "Vielen Dank, das war sehr freundlich von dir. Leider habe ich immer noch sehr großen Hunger ..."
Bevor die Spinne weiterreden konnte, machte Mäxchen einige Schritte rückwärts. Die Spinne bemerkte es und meinte: "Keine Angst, ich werde dir nichts tun." "Das beruhigt mich, denn ich war schon etwas in Sorge, deine Mahlzeit zu werden. Weißt du was, ich habe eine Idee. Hier ganz in der Nähe liegt eine Bananenschale, daran können wir uns satt essen." "Was ist denn eine Bananenschale? Wie fängt man die und wie wird sie getötet?" Neugierig wollte die Spinne alles ganz genau wissen.
"Eine Banane ist ein Obst. Die Schale ist sehr lecker, jedenfalls für uns Kellerasseln, und man braucht sie nicht zu fangen, sie liegt da einfach so herum. Du solltest unbedingt davon probieren", bemühte sich Mäxchen, sie der Spinne schmackhaft zu machen.
"Gut, wenn ich wieder laufen kann, gehen wir dorthin und ich werde von dieser Schale kosten, und ich hoffe, dass ich davon satt werde."
Das wünschte Mäxchen sich auch, denn schließlich wollte er noch die große Welt erkunden. Nun wusste er aber, dass überall Gefahren lauern und dass seine Reise ziemlich gefährlich werden kann.
Ende
28. Mai 2025
veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 183 vom 5. Juli 2025
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