Diagnose-Funk e.V. - Umwelt- und Verbraucherorganisation zum Schutz vor elektromagnetischer Strahlung
Pressemitteilung vom 8.5.2025
Katze aus dem Sack: Studie zu Mobilfunkstrahlung findet zuverlässige Beweise für Krebsrisiko
Im Auftrag der WHO durchgeführtes systematisches Review / Studie widerlegt klar Behauptungen der Mobilfunkindustrie
Stuttgart, 8.5.2025: Eine neue große Überblicksstudie im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigt, dass es "Belege dafür gibt," dass Mobilfunkstrahlung "das Auftreten von Krebs bei Versuchstieren erhöht." Der "Zusammenhang" sei "am stärksten für bösartige Herzschwannome und Gliome" (= Hirntumore, Anm. diagnose:funk; Zitate S. 42, Final conclusions). [1]
Das Ziel der WHO-finanzierten Studie von Mevissen et al. (2025) war die systematische Bewertung, ob hochfrequente elektromagnetische Felder (also Mobilfunkstrahlung) Krebs bei Labortieren verursachen können. Dabei fanden die Autor:innen Nachweise auf ein erhöhtes Risiko (siehe S. 2, Results) für
• Hirntumore (insbesondere Gliome) mit hoher Evidenz (höchster Beweisgrad)
• Herzschwannome (bösartige Tumore der Nervenhüllen im Herzen) mit hoher Evidenz (höchster Beweisgrad)
• Lymphome (Tumore des Lymphgewebes) mit moderater Evidenz (zweithöchster Beweisgrad)
• Nebennieren-Tumore (Phäochromozytome) und Lebertumore (Hepatoblastome) mit moderater Evidenz (zweithöchster Beweisgrad)
• Lungentumore mit moderater Evidenz (zweithöchster Beweisgrad)
[2]
"Die Mobilfunkbranche leugnet ja regelmäßig die gesundheitlichen Gefahren der Mobilfunkstrahlung und die Existenz entsprechender Studien - doch nun ist die Katze aus dem Sack", bilanziert Jörn Gutbier, Vorsitzender von diagnose:funk. "Die neue Studie im Auftrag der WHO zeigt mit großer Sicherheit, dass Mobilfunkstrahlung im Tierversuch Krebs auslöst - biologisch-medizinisch nachgewiesen. Jetzt muss die Politik handeln! Der neue Umweltminister Carsten Schneider hat ab sofort gute wissenschaftliche Argumente in der Hand, um die Mobilfunkversorgung gesundheitsverträglich zu gestalten. Wie das pragmatisch geht, zeigen wir in 21 Vorschlägen. Herr Schneider, wir stehen bereit, packen wir's gemeinsam an?"
Die Umwelt- und Verbraucherorganisation diagnose:funk bewertet diese Studie als einen Meilenstein in der Erforschung der Gesundheitsgefahren, die von Mobilfunkstrahlung ausgehen. Hiermit liegt nun eine ausführliche Arbeit vor, welche die gesamte weltweit verfügbare Studienlage zu Mobilfunkstrahlung und Krebs im Tierversuch ausgewertet hat. Die Studie benennt als gesundheitliche Effekte der Strahlung verschiedene Krebsarten mit dem höchsten bzw. zweithöchsten Beweisgrad. Der Technikfolgenbericht des Deutschen Bundestags (2023) und der Technikfolgenbericht des EU-Parlaments (2021) kamen nach Auswertung aller verfügbaren Studien zum gleichen bedenklichen Ergebnis: Mobilfunkstrahlung löst Krebs aus (im Fall des Bundestagsberichts politisch verklausuliert formuliert).
diagnose:funk hat im März 2025 in einem Dossier [3] in 7 Politikfeldern 21 Vorschläge veröffentlicht, wie die neue Bundesregierung die mobile Kommunikation strahlungsärmer und damit gesünder gestalten kann. Ein erster Ansatz zur Strahlenreduzierung ist das nationale Roaming - auch Net-Sharing genannt: Ein Netz für alle. Die Bundesnetzagentur möchte dieses Net-Sharing einführen, die Verbraucherschutzminister der Länder haben es bereits im Sommer 2023 gefordert und Telekom, Vodafone und O2 setzen es bereits freiwillig an über 2.000 Standorten um.
Die "Internationale Kommission zu biologischen Effekten elektromagnetischer Felder" (ICBE-EMF), in der sich führende Forschende zusammengeschlossen haben, schlussfolgert aus der WHO-finanzierten Mevissen-Studie: "Angesichts dieses hohen Maßes an Gewissheit sollten die politischen Entscheidungsträger auf der ganzen Welt unverzüglich ihre Grenzwerte für die Belastung durch HF-Strahlung überarbeiten, um die öffentliche Gesundheit und die Umwelt zu schützen." (Übersetzung diagnose:funk)
"Microwave News", der international wichtigste wissenschaftliche Blog zu Mobilfunkstrahlung, schreibt: "Die neue Untersuchung wird höchstwahrscheinlich die jahrzehntelange Kontroverse über das Krebsrisiko im Zusammenhang mit Mobiltelefonen und anderen Hochfrequenz- und Mikrowellengeräten, von der viele dachten, sie sei beigelegt, wieder aufrollen." (Übersetzung diagnose:funk)
Zur Übertragbarkeit dieser Tierversuchsergebnisse auf den Menschen schreiben die Studienautor:innen von einem hohen Maß an "Gewissheit, dass der Nachweis der Karzinogenität bei Versuchstieren eine karzinogene Gefahr für den Menschen vorhersagen kann." (S. 42) Der Tierversuch ist ein etabliertes Modell für den menschlichen Organismus, denn auf Zellebene gleichen wir den Tieren - auch bei der Schädigung durch Mobilfunkstrahlung.
Dr. Fiorella Belpoggi, sehr erfahrene Krebsforscherin, zur Übertragbarkeit auf den Menschen: "Was sich in Tierstudien als krebserregend erwies, stellte sich später immer auch als krebserregend für den Menschen heraus. Es zeichnet sich ab, dass dies auch für die Mobilfunkstrahlung zutrifft." [4]
Das Wissenschaftler-Team der Studie wurde von Meike Mevissen von der Universität Bern und Kurt Straif, dem ehemaligen Leiter der IARC-Monographien-Abteilung in Lyon geleitet (die IARC ist das Krebsinstitut der WHO). Kurt Straif ist jetzt am Boston College und am ISGlobal in Barcelona tätig. Weitere Studienautoren sind James McNamee von Health Canada in Toronto und Andrew Wood von der Swinburne University of Technology in Australien, der auch Mitglied der Scientific Expert Group der ICNIRP ist. Der Peer-Review-Prozess für die systematische Überprüfung dauerte insgesamt 14 Monate.
Über diagnose:funk:
diagnose:funk ist eine unabhängige Umwelt- und Verbraucher-Organisation, die sich seit 2009 für den Schutz vor elektromagnetischen Feldern einsetzt. Dazu klärt diagnose:funk über die schädigenden Wirkungen u.a. von Mobilfunk- und WLAN-Strahlung auf und fordert zukunftsfähige technische Lösungen für eine gesundheitsverträgliche Telekommunikation.
Unser Motto: Technik sinnvoll nutzen!
[1] Download der 75-seitigen Studie:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0160412025002338
[2] Beweisgrad-Einteilung siehe:
https://en.wikipedia.org/wiki/Hierarchy_of_evidence#GRADE
[3] Dossier "Wie kann die neue Bundesregierung unsere mobile Kommunikation gesünder gestalten?"
https://www.diagnose-funk.org/2183
[4]Quelle: Oekoskop 2-2020, S. 17
https://www.aefu.ch/oekoskop/vorsorge-worauf-warten-wir
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Quelle:
diagnose:funk - Pressemitteilung vom 8.5.2025
Diagnose-Funk e.V., Bismarckstr. 63, 70197 Stuttgart
Vertreten durch Jörn Gutbier und Peter Hensinger
E-Mail: presse@diagnose-funk.de
Internet: https://www.diagnose-funk.org
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 9. Mai 2025
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