UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
Köln - Mittwoch, 11. Juni 2025
Trotz Fortschritten: Kinderarbeit bleibt für 138 Millionen Kinder weltweit Realität
Neuer Bericht von UNICEF und ILO zum Welttag gegen Kinderarbeit zeigt Rückgang um fast 50 Prozent seit Beginn des Jahrhunderts - das Ziel, Kinderarbeit bis 2025 zu beenden, wird jedoch deutlich verfehlt
Laut neuen Schätzungen sind weltweit fast 138 Millionen Kinder und Jugendliche von Kinderarbeit betroffen, mit gravierenden Auswirkungen auf ihre Bildung und weitere Entwicklung. Rund 54 Millionen von ihnen gehen sogar einer gefährlichen Form von Kinderarbeit nach, die ihre Gesundheit und Sicherheit gefährden. Das zeigt ein neuer Bericht, der heute vom UN-Kinderhilfswerk UNICEF und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) veröffentlicht wurde.
Nachdem die weltweite Kinderarbeit zwischenzeitlich im letzten Untersuchungszeitraum (2016 bis 2020) angestiegen war, ist nun (2021 bis 2024) wieder ein positiver Trend mit einem Rückgang von 160 Millionen auf rund 138 Millionen zu beobachten. Trotz dieses Fortschritts hat die Weltgemeinschaft ihr Ziel deutlich verfehlt, Kinderarbeit bis 2025 zu beseitigen. Das war in den UN-Entwicklungszielen angestrebt worden (SDG-Ziel 8.7).
Der Bericht "Kinderarbeit: Globale Schätzungen 2024, Trends und der Weg in die Zukunft" wurde heute am Internationalen Tag des Spielens und einen Tag vor dem Welttag gegen Kinderarbeit veröffentlicht.
Kinderarbeit hat viele Gesichter. Die 12-jährige Adama Sandy in Sierra Leone zum Beispiel arbeitet in einem Steinbruch, seit sie sieben Jahre alt war. "Meine Familie hat kein Geld, um mich in die Schule zu schicken. Morgens mache ich zu Hause sauber, dann folge ich meinem Vater und meiner Mutter zum Steinbruch", sagt Adama. "Wir zerschlagen die Steine, die Leute kaufen." Umgerechnet verdienen sie damit weniger als zwei Euro am Tag. "Das Geld reicht nicht, damit ich zur Schule gehen kann, es reicht nicht für Kleidung und Essen. Wir essen nur eine Mahlzeit am Tag", sagt Adama.
"Der neue Kinderarbeits-Bericht unterstreicht die schonungslose Realität, dass trotz aller Fortschritte Millionen von Kindern immer noch ihr Recht verwehrt wird, zu lernen, zu spielen und einfach Kind zu sein", sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. "Gleichzeitig weisen uns die erzielten Erfolge den Weg: Rechtliche Schutzmaßnahmen, besserer Sozialschutz, Investitionen in kostenlose, hochwertige Bildung und menschenwürdige Arbeit mit fairen Löhnen für Erwachsene sind wirksame Instrumente, um Kinder vor Kinderarbeit zu schützen. Auch die Umsetzung unternehmerischer Sorgfaltspflichten leistet einen wichtigen Beitrag, um weiter gegen Kinderarbeit vorzugehen. Momentan drohen jedoch globale Mittelkürzungen hart erarbeitete Errungenschaften für Kinder wieder zunichtezumachen."
Kinderarbeit kommt nach wie vor am häufigsten in der Landwirtschaft vor, in der 61 Prozent aller betroffenen Kinder und Jugendlichen tätig sind. Darauf folgen mit 27 Prozent Dienstleistungen, zu denen zum Beispiel Arbeit in privaten Haushalten oder der Verkauf von Waren auf Märkten zählen. 13 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen sind im industriellen Sektor tätig, unter anderem im Bergbau und in der Warenproduktion.
Jungen sind in jedem Alter häufiger von Kinderarbeit betroffen als Mädchen. Doch wenn unbezahlte Tätigkeiten im Haushalt von 21 Stunden oder mehr pro Woche einbezogen wird, kehrt sich das Geschlechtergefälle um.
Sub-Sahara Afrika hat mit fast zwei Dritteln aller Kinder in Kinderarbeit - 87 Millionen - weiterhin die schwerste Last zu tragen. Während der Anteil von Kindern in Kinderarbeit von 24 auf 22 Prozent gesunken ist, stagniert die Anzahl der betroffenen Kinder vor dem Hintergrund des Bevölkerungswachstums, anhaltender und neuer Konflikte, extremer Armut und überlasteter Sozialschutzsysteme.
Die größten Fortschritte bei der Bekämpfung von Kinderarbeit hat in den letzten Jahren die Region Asien und Pazifik gemacht. Dort ging der Anteil der Kinder (fünf bis 17 Jahre) in Kinderarbeit von 6 Prozent (49 Millionen) in 2020 auf 3 Prozent (28 Millionen) in 2024 zurück. Während der Anteil der von Kinderarbeit betroffenen Kinder in der Region Lateinamerika und Karibik in den letzten vier Jahren unverändert blieb (5,5 Prozent), ist dort wegen der demografischen Entwicklung die Gesamtzahl von 8 Millionen auf rund 7 Millionen gesunken.
Eine nachhaltige und verstärkte Finanzierung - sowohl auf globaler als auch auf nationaler Ebene - ist mehr denn je erforderlich, wenn die jüngsten Erfolge aufrechterhalten werden sollen, warnen UNICEF und ILO. Kürzungen bei der Unterstützung von Bildung, Sozialschutz und Existenzsicherung können bereits gefährdete Familien tiefer in die Armut treiben und unter Umständen dazu zwingen, ihre Kinder arbeiten zu schicken.
Um Kinderarbeit wirksam zu bekämpfen, fordern UNICEF und ILO die Regierungen dazu auf:
Menschenwürdige Arbeit für Erwachsene und junge Menschen sicherzustellen, einschließlich des Rechts der Arbeitnehmenden, sich zu organisieren und ihre Interessen zu vertreten.
Gesetze für unternehmerische Sorgfaltspflichten und Rechenschaftspflicht der Unternehmen durchzusetzen, um Kinder vor Ausbeutung zu schützen und Kinderrechte in globalen Lieferketten zu wahren.
"Alles Wissenswerte rund um Kinderarbeit wie Definition, rechtlicher
Rahmen oder Auswirkungen des Lieferkettengesetzes finden Sie hier erklärt:
https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/-/kinderarbeit-fragen-und-antworten/275272
"Den vollständigen Bericht und eine deutsche Kurzfassung des neuen Berichts
"Kinderarbeit: Globale Schätzungen 2024, Trends und der Weg in die Zukunft"
finden Sie hier:
https://www.unicef.de/informieren/materialien/kinderarbeitbericht/376250
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Quelle:
UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
Pressemitteilung vom 11. Juni 2025
Herausgeber: Deutsches Komitee für UNICEF, Pressestelle
Höninger Weg 104, 50969 Köln
Telefon: 0221/936 50-0, Fax: 0221/93 65 02 79
E-Mail: mail@unicef.de
Internet: www.unicef.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 13. Juni 2025
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