Es gehört zu den unvergänglichen Narrativen, Schach sei wie das Leben. Dieses "wie" wird indes nie genauer bestimmt. Was dem Vergleich folgt, bleibt diffus, der Phantasie überlassen oder endet als Relikt religiös-philosophischer Nachbetrachtungen. Als Spiel hat Schach wenig mit dem Leben zu tun, denn spielerisch mag sich die Existenz nicht durch den Dornenwald bewegen von Bedingungen und moralischen Verpflichtungen. Und als Kunst taugt das Leben wiederum nicht, weil es diese eingeforderte Kreativität in der Regel nie erreicht. Was will man also mit dem Ausspruch sagen, der schon von Schachspielern nur ungern benutzt wird und als Plattitüde kaum den Wert eines Aha-Erlebnisses hat. Bestenfalls ließe sich sagen, dass sich das Schach bei einigen Menschen recht gut in den Alltag integrieren ließ. Aber was hat der Alltag mit dem Leben zu tun jenseits der Front der Routinen? Das Leben ist zu ernst, um es in einem simplen Vergleich ontologisch einsperren zu wollen. Aus dem Leben gefallen war auch Grümings Hoffnung im heutigen Rätsel der Sphinx mit 1.Tc3-c7. Einen Zug später begriff er seinen Irrtum - zu spät, Wanderer.
Grüming - Kahler
Heide 1992
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Mason fand den richtigen Dreh mit 1.Sb3-d4!, um infolge eines großangelegten Abtausches den weißen Stellungsvorteil sicher zu behaupten: 1...Tb7xb2 2.Dh8xb8! - die eigentliche Pointe - 2...Tb2xb8 3.Tb2xb8. Janowski konnte den Rückgewinn der Dame nicht verhindern, denn auf 3...De6-e7 folgt 4.Tb8-b7+ und nach 3...Kd7-c7 4.Sd4xe6 Kc7xb8 5.Se6-g5 Le4xc2 6.Sg5xf7 d5-d4 7.e5-e6 Lc2-b3 8.Sf7-e5 Lb3xe6 9.Se5xc6+ nebst 10.Sc6xd4 ist ein weißer Sieg unstrittig.
28. Mai 2025
veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 182 vom 5. Juli 2025
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