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GEFAHR/172: Heftiger Ausbruch der Geflügelpest bei Kranichen hat Vogelkundler*innen ebenso überrascht wie die Behörden (NABU)


Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V. - Pressedienst, 24. Oktober 2025

Es fliegt kein Kranich in den Hühnerstall

NABU drängt auf Biosicherheit und rasches Beseitigen von Geflügelpestopfern


Berlin - Der heftige Ausbruch der Geflügelpest bei Kranichen hat Vogelkundler*innen ebenso überrascht wie die Behörden. "Auf das Ausmaß und die Geschwindigkeit war niemand vorbereitet", stellt NABU-Kranichexperte Günter Nowald fest. In den letzten Jahren sind in Ungarn und in Israel Kraniche in größerer Zahl an der auch als Vogelgrippe bekannten Geflügelpest gestorben. Auf den über Deutschland führenden Zugrouten gab es dagegen höchstens Einzelfälle.

Es ist anzunehmen, dass sich die Kraniche an Rastplätzen bei Wasservögeln mit der H5N1-Variante des Geflügelpestvirus angesteckt haben. "Wir wissen nicht, ob die Übertragung auf Kraniche erst in Deutschland stattfand oder - was wahrscheinlicher ist - bereits im Baltikum oder in Polen", so Nowald. Bis vor wenigen Jahrzehnten war das Geflügelpestvirus auf Enten und Gänse beschränkt. Dann ist es immer mehr mutiert, bis es zuerst auch Hühner befiel, später zahlreiche weitere Vogelarten und inzwischen sogar Säugetiere vom Fuchs bis zum Menschen.

Während Kraniche zur Zugzeit tagsüber in der weiträumigen Umgebung der Rastplätze nach Nahrung suchen, sammeln sie sich abends an flachen Gewässern. An den Schlafplätzen stehen sie dicht gedrängt, manchmal zu Zehntausenden, und hier stecken dann bereits infizierte Vögel andere an. Viele infizierte Kraniche sterben noch am Rastplatz, andere verbreiten beim Weiterflug die Erreger entlang des Zugweges.

"Das möglichst rasche Entfernen von Kadavern ist die einzige Handhabe, um die Geflügelpest-Ausbreitung unter Wildvögeln und die Übertragung an Aasfresser zu minimieren", betont Nowald. "In manchen Regionen wird diese Aufgabe fast ausschließlich von ehrenamtlichen Naturschützer*innen wahrgenommen. Wir benötigen mehr professionelle Unterstützung, etwa von Feuerwehren oder dem THW. Wo dies bisher an formalen Hürden scheitert, sollten die Regeln dringend überdacht werden."

In europäischen Wasservogelpopulationen kommen Geflügelpestviren inzwischen ganzjährig vor. In der Geflügelindustrie besteht zudem ein ständiger, teils weltweiter Austausch von Eiern und Tieren, auch über Futtermittel und Dünger können Viren in Geflügelbestände gelangen - oder aus diesen in die freie Natur, so dass sich Wildvögel an Hausgeflügel infizieren. Selbst dort, wo möglicherweise Viren von Kranichen in geschlossene Geflügelhaltungen gelangen, geschieht das auf Umwegen, zum Beispiel über verschmutzte Schuhe oder Kleidung. "Es fliegt kein Kranich in den Hühnerstall", betont Günter Nowald, "für den Vireneintrag sorgen wir Menschen. Es ist deshalb entscheidend, dass Hygiene- und Biosicherheitsmaßnahmen strikt eingehalten werden."

Aktuell ist offen, ob der Höherpunkt der Geflügelpest bereits überschritten ist oder die Kranich-Opferzahlen noch zunehmen. "Jedenfalls zeigt der Ausbruch, dass auch bisher stabile und gesunde Vogelpopulationen durch große Negativereignisse verwundbar sind. Der Schutz des Kranichs und seiner Lebensräume bleibt eine wichtige Aufgabe", stellt Nowald fest.

Weitere Hintergrundinfos

Dr. Günter Nowald ist Sprecher der NABU-Bundesarbeitsgruppe Kranichschutz und Leiter des NABU-Naturerlebniszentrums "Kranichwelten" in Günz bei Stralsund. Er ist seit Jahrzehnten auch international in der Kranichforschung und im Kranichschutz tätig.

Wie andernorts wurden im Hinblick auf die Geflügelpest in Günz Kranichtouren abgesagt und die Beobachtungsstation "Kranorama" vorzeitig geschlossen. Das Naturerlebniszentrum "Kranichwelten" (www.kraniche.de) bleibt dagegen geöffnet, im Oktober Mo. bis So. 10 bis 17.30 Uhr, im November Mo., Di., Do., Fr. 10 Uhr bis 16 Uhr. Eine interaktive Ausstellung auf 500 Quadratmetern lädt ein, die Welt der Kraniche zu entdecken. Über multimediale Bereiche mit VR-Animation, Sounddusche der Duettrufe aller 15 Kranicharten weltweit, digitalem Quiz, Basteltischen und Filme erfahren Besucher*innen Spannendes über Zugwege, Lebensräume und Schutz der Kraniche.

Die Kraniche in der Region um den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft sind von der Geflügelpest bisher weitgehend verschont. Ein Grund kann die im Vergleich zu Teichlandschaften größere Wassermasse der Boddengewässer samt stärkerem Wasseraustausch sein, so dass die Viruskonzentration gering bleibt. Vor allem aber stammen hier die meisten Rastvögel aus Schweden und Norwegen, wo die Kraniche aktuell frei von Geflügelpest sind. Weiter südlich gelegene Rastplätze wie das Havelluch und der Stausee Kelbra werden vor allem aus Osteuropa und dem Baltikum angesteuert.

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Quelle:
NABU Pressedienst, 24.10.2025
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)
Pressestelle
Charitéstraße 3, 10117 Berlin
E-Mail: presse@NABU.de
Internet: www.NABU.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 24. Oktober 2025

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