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MELDUNG/554: Seltener Gänsegeier stirbt an Bleivergiftung - LBV fordert flächendeckend bleifreie Jagd (LBV)


Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) - Verband für Arten- und Biotopschutz
Presseinformation vom 30. Mai 2025

Seltener Gänsegeier stirbt an Bleivergiftung - LBV fordert flächendeckend bleifreie Jagd

Greifvogel verendet nur zwei Wochen nach erster Sichtung im Landkreis Unterallgäu - nicht der erste Fall dieser Art


Hilpoltstein, 30.05.2025 - Anfang März entdeckten Mitglieder des bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) im Unterallgäu einen Gänsegeier, der majestätisch seine Kreise zog. Die Freude war groß - seit acht Jahren war es die erste Sichtung dieser Art im Landkreis. Zwei Wochen später wurde derselbe Vogel tot aufgefunden. Der LBV informierte umgehend die Polizei, eine pathologische Untersuchung folgte. Nun steht das Ergebnis fest: Der Geier starb an einer Bleivergiftung. Beim Fressen von Aas hatte er Bleipartikel aus Jagdmunition aufgenommen. "Blei in Jagdmunition stellt eine ernsthafte Gefahr für alle Aasfresser dar - nicht nur für seltene Gäste wie den Gänsegeier, sondern auch für heimische Arten wie den Bartgeier", erklärt Dr. Andreas von Lindeiner, Landesfachbeauftragter für Naturschutz beim LBV. Erst am Dienstag haben der LBV und der Nationalpark Berchtesgaden unter großem Aufwand wieder zwei Bartgeier ausgewildert, die Art galt in Bayern ein ganzes Jahrhundert lang als ausgestorben. "Es darf nicht sein, dass wir mühsam erarbeitete Artenschutz-Erfolge durch den Einsatz giftiger Munition aufs Spiel setzen. Deshalb fordern wir, dass auch in Bayern endlich flächendeckend auf bleifreie Munition umgestellt wird."

Gänsegeier sind in Bayern nicht heimisch, kommen aber als Gäste aus beispielsweise Frankreich immer häufiger im gesamten Alpenraum vor. Die Freude bei den LBV-Aktiven im Landkreis Unterallgäu war groß, als am 2. März erstmals seit acht Jahren einer der großen, beeindruckenden Vögel gesichtet wurde. In den folgenden Tagen verfolgten Vogelbegeisterte mit Spannung, wie sich der imposante Vogel mit seinen 2,5 Metern Flügelspannweite in der Region bewegte - bis er plötzlich nicht mehr auftauchte. Am 16. März wurde der Gänsegeier schließlich tot aufgefunden. Ehrenamtliche des LBV informierten sofort die Polizei, die den Fundort dokumentierte. Nach einer aufwändigen pathologischen Untersuchung steht nun fest: "Der Gänsegeier starb an Organschäden an Niere, Leber und Lunge - ausgelöst durch eine Bleivergiftung. Die Analyse legt nahe, dass der Vogel beim Fressen von mit Bleimunition belastetem Aas das Schwermetall aufnahm", so von Lindeiner.

Der aktuelle Fall erinnert an ein ähnliches Ereignis aus dem Jahr 2022: Damals wurde im Landkreis Starnberg ein toter Gänsegeier entdeckt, bei dem eine Schussverletzung festgestellt werden konnte. Auch er starb nicht direkt durch das Projektil, sondern an den Folgen einer schweren Bleivergiftung. "Dass innerhalb weniger Jahre zwei geschützte Gänsegeier durch Blei zu Tode kommen, ist ein Alarmsignal", betont Andreas von Lindeiner. "Wir fordern deshalb, dass auch Kommunen und private Jäger endlich flächendeckend auf bleihaltige Munition verzichten". In vielen anderen Bundesländern ist die Jagd mit bleihaltiger Munition bereits auf allen Flächen verboten. In Bayern darf lediglich im Staatswald nicht mehr mit bleihaltiger Büchsenmunition geschossen werden.

Gefahr durch bleihaltige Munition ist schon lange bekannt Die entsetzlichen Auswirkungen von bleihaltiger Munition vor allem auf große und oftmals seltene Greifvogelarten, wie zum Beispiel Stein- und Seeadler, Rotmilan und Mäusebussard, sind schon lange bekannt. Die Tiere nehmen das Gift über Kugelgeschossfragmente in bei der Jagd im Wald zurückgelassenem Aufbruch auf. Bereits geringe Mengen sind fatal und führen zu schwersten Vergiftungen. "Da Kadaver eine wichtige Nahrungsquelle für viele Wildtierarten ist, ist es notwendig, dass Aufbruch im Wald nach der Jagd zurückgelassen wird - aber eben bleifrei", schildert Andras von Lindeiner.

Das hochtoxische Schwermetall wird im Körper angereichert und verursacht unter anderem Nervenschädigungen, die Beeinträchtigung der Blutbildung, die Blockierung von Enzymen und der Sauerstoffzufuhr sowie den Abbau der Brustmuskulatur. Außerdem kann eine Störung des zentralen Nervensystems zur Erblindung sowie zur Lähmung des Magen-Darm-Traktes und des Atemzentrums führen. "Die Vögel verhungern, ziehen sich durch Kollisionen mit Hindernissen schwere Verletzungen zu oder verenden qualvoll an Atemnot und Nährstoffmangel", berichtet der Artenschützer.


Über den LBV 1909 gegründet ist der LBV - Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e. V. - der älteste Naturschutzverband in Bayern und zählt aktuell 117.000 Unterstützerinnen und Unterstützer. Der LBV setzt sich durch fachlich fundierte Natur- und Artenschutzprojekte sowie Umweltbildungsmaßnahmen für den Erhalt einer vielfältigen Natur und Vogelwelt im Freistaat ein.
Mehr Infos: www.lbv.de/ueber-uns

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Quelle:
Presseinformation, 30.05.2025
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel.: 09174/4775-80
E-Mail: info@lbv.de
Internet: www.lbv.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 6. Juni 2025

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