Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V. - Pressedienst, 12. Juni 2025
Klarheit beim Artenschutz: EuGH bekräftigt Pflichten der EU-Mitgliedsstaaten
Krüger: Deutschland trägt Verantwortung, den Zustand des Wolfs auf Basis wissenschaftlicher Standards zu bewerten
Berlin/Luxemburg - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute ein Urteil zum Umgang mit dem Wolf in Estland gefällt, das richtungsweisend für die Auslegung von Schutzvorgaben in der gesamten EU ist. Demnach zählt für den Schutz bedrohter Arten wie dem Wolf der günstige Erhaltungszustand in jedem einzelnen Land. Es reicht hingegen nicht, die Tiere in einem größeren, grenzüberschreitenden Gebiet gemeinsam zu betrachten, zum Beispiel im gesamten baltischen Raum.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger nimmt dazu Stellung: "Das Urteil bringt wichtige Klarheit: Wenn es um den Erhalt geschützter Arten geht, tragen alle EU-Staaten Verantwortung - nicht nur gemeinsam, sondern auch jeder für sich. Dies gilt dabei nicht nur für den Wolf, sondern für viele weitere bedrohte Arten in Europa."
Das Urteil hat auch Strahlkraft für Deutschland, wenn in den nächsten Wochen nach Brüssel gemeldet wird, wie es um den Erhaltungszustand des Wolfs hierzulande steht, so Krüger: "Das Urteil macht deutlich: Deutschland trägt Verantwortung, den Zustand des Wolfs auf Basis belastbarer Daten und wissenschaftlicher Standards zu bewerten. Und selbst wenn der Wolf in manchen Regionen gut dasteht, heißt das nicht, dass der Schutz beendet ist - im Gegenteil: Die EU-Vorgaben verlangen, dass die Länder weiter aktiv zum Erhalt beitragen - auch Deutschland."
Hintergrund:
EuGH-Urteil zur estnischen Population des Wolfs
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute über den Umgang Estlands
mit dem Wolf entschieden. Im Zentrum des EuGH-Urteils stand die Frage,
ob bei der Bewertung des Erhaltungszustands einer nach Anhang V der
FFH-Richtlinie geschützten Art ausschließlich der Zustand in dem
jeweiligen Mitgliedstaat berücksichtigt werden kann oder eine
Betrachtung der Gesamtpopulation - etwa im gesamten baltischen Raum -
ausreicht. Diese Frage ist relevant, weil die estnische
Wolfspopulation Teil einer größeren baltischen Metapopulation ist,
deren Erhaltungszustand insgesamt als günstig gilt. Das Urteil kam zu
dem Schluss, dass jeder Mitgliedstaat verpflichtet ist, für die
Erhaltung der Arten und das Erreichen des günstigen Erhaltungszustands
auf seinem eigenen Gebiet zu sorgen. Zudem klärt der EuGH, dass die
Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie regionale
Besonderheiten zwar langfristig die Verbreitung und Größe von
Populationen beeinflussen können; die Beurteilung des
Erhaltungszustands einer Art darf aber nicht allein aufgrund dieser
Faktoren als günstig eingestuft werden, wenn die in der Richtlinie
genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Entscheidung hat
Bedeutung für den Artenschutz in der gesamten EU.
Zum Urteilstext (Rechtssache C-629/23)
https://curia.europa.eu/juris/fiche.jsf?id=C%3B629%3B23%3BRP%3B1%3BP%3B1%3BC2023%2F0629%2FP&nat=or&mat=or&pcs=Oor&jur=C%2CT%2CF&num=C-629%252F23&for=&jge=&dates=&language=en&pro=&cit=none%252CC%252CCJ%252CR%252C2008E%252C%252C%252C%252C%252C%252C%252C%252C%252C%252Ctrue%252Cfalse%252Cfalse&oqp=&td=%3BALL&avg=&lgrec=en&lg=&cid=3561265
NABU Blog Naturschätze Retten - Kommissionsvorschlag zur Herabstufung
des Wolfs ist verfehlt!
https://blogs.nabu.de/naturschaetze-retten/kommissionsvorschlag-verfehlt/
*
Quelle:
NABU Pressedienst, 11.06.2025
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)
Pressestelle
Charitéstraße 3, 10117 Berlin
E-Mail: presse@NABU.de
Internet: www.NABU.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 13. Juni 2025
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang