Nationalpark Berchtesgaden
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) - Verband für
Arten- und Biotopschutz
Gemeinsame Presseinformation vom 27. März 2025
Geburtstagsparty in den Bergen: Ausgewilderte Bartgeier kehren in den Nationalpark Berchtesgaden zurück
LBV und Nationalpark beobachten fünf Geier im Auswilderungsgebiet - Wilder Bartgeier ebenfalls gesichtet
Berchtesgaden/Hilpoltstein, 27.03.2025 - Passend zum fünften Jahr des gemeinsamen Auswilderungsprojekts des bayerischen Naturschutzverbands LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und des Nationalparks Berchtesgaden ist aktuell der Großteil der bayerischen Bartgeier wieder im unmittelbaren Umfeld des Nationalparks versammelt. "Fünf von sieben Geiern halten sich seit Anfang März im Umkreis von wenigen Kilometern um den Königssee auf und fliegen gemeinsam in wechselnden Konstellationen durch die Bergwelt", freut sich LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Mit Bavaria, Recka, Nepomuk, Wiggerl und Vinzenz ist ein Vogel aus jeder bisherigen Auswilderung wieder zurück im Gebiet.
"Die Tatsache, dass alle fünf Geier in den ersten Märztagen der verschiedenen Jahre von 2021 bis 2024 geschlüpft sind, lässt das Aufeinandertreffen fast wie eine gemeinsame Geburtstagsparty wirken", schmunzelt Wegscheider. In den ersten Lebensjahren haben junge Bartgeier einen ausgeprägten Wandertrieb und fliegen weite Strecken durch den gesamten Alpenraum, um nach Artgenossen und Nahrung zu suchen. "Die meisten der jetzt zeitweilig wieder heimgekehrten Vögel haben bereits entfernte Regionen wie die Schweiz, Südtirol oder Slowenien besucht", erklärt Nationalparkleiter Dr. Roland Baier. Während der Lebensphase in der Auswilderungsnische entwickeln die Bartgeier eine starke Prägung auf die umliegende Bergwelt. Deshalb kehren etwa zwei Drittel der Geier nach ihren Wanderungen langfristig wieder in ihre gefühlte Heimatregion zurück.
Der älteste Projekt-Vogel, die 2021 ausgewilderte Bavaria, ist schon länger im an der Südostgrenze des Nationalparks liegenden Salzburger Blühnbachtal sesshaft. Dort leisten ihr nun auch vier der jüngeren ausgewilderten Vögel Gesellschaft, die sich immer wieder neu in Zweier- und Dreierteams für gemeinsame Erkundungsflüge zusammentun. Zudem lockt die Präsenz der Bartgeier auch wandernde, wild geschlüpfte Artgenossen aus anderen Alpenteilen an, die auf ihren Flügen durch die Berge nach anderen Geiern Ausschau halten. Neben den fünf Vögeln aus dem europäischen Erhaltungszuchtprogramm wurde auch ein zweijähriger Wildvogel in der Nähe gesichtet. "Die erhoffte Brückenbildung von unseren Auswilderungen zu Wildpopulationen scheint damit ebenfalls aufzugehen", freut sich Roland Baier.
Während ältere Bartgeier vor allem in Horstnähe sehr aggressiv auf Artgenossen reagieren, sind junge Vögel noch deutlich sozialer und unterstützen sich gegenseitig, zum Beispiel bei der Nahrungssuche. Auch für spätere Paarbildungen sind solche Kontakte wichtig, um geeignete Artgenossen für Brutversuche kennenzulernen. "Der nun zweijährige Nepomuk lässt bereits Interesse an Recka und Bavaria erkennen, auch wenn alle in Berchtesgaden ausgewilderten Vögel noch zu jung für ernsthafte Verpaarungen sind", sagt Toni Wegscheider. Mit den bisherigen Erfolgen bei der Auswilderung macht sich das Projektteam berechtigte Hoffnungen, dass sich in naher Zukunft Paare aus ausgewilderten Vögeln und Wildvögeln im Umfeld des Nationalparks Berchtesgaden bilden werden. So könnte in einigen Jahren das erste Küken seit Jahrhunderten in der Region das Licht der Welt erblicken.
Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) zählt mit einer Flügelspannweite von
bis zu 2,90 Metern zu den größten, flugfähigen Vögeln der Welt. Anfang
des 20. Jahrhunderts war der majestätische Greifvogel in den Alpen
ausgerottet. Im Rahmen eines großangelegten Zuchtprojekts werden seit
1986 im Alpenraum in enger Zusammenarbeit mit dem in den 1970er Jahren
gegründeten EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) der Zoos junge
Bartgeier ausgewildert. Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk wird
von der Vulture Conservation Foundation (VCF) mit Sitz in Zürich
geleitet. Während sich die Vögel in den West- und Zentralalpen seit
1997 auch durch Freilandbruten wieder selbstständig vermehren, kommt
die natürliche Reproduktion in den Ostalpen nur schleppend voran. Ein
vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und
Naturschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden gemeinsam initiiertes
und betreutes Projekt zur Auswilderung von jungen Bartgeiern im
bayerischen Teil der deutschen Alpen greift dies auf und unterstützt
in Kooperation mit dem Tiergarten Nürnberg die alpenweite
Wiederansiedelung. Dafür werden in den kommenden Jahren im
Klausbachtal junge Bartgeier ausgewildert - im Jahr 2021 erstmals in
Deutschland. Der Nationalpark Berchtesgaden eignet sich aufgrund einer
Vielzahl von Faktoren als idealer Auswilderungsort in den Ostalpen.
Mehr Informationen zum Projekt unter
www.lbv.de/bartgeier-auswilderung
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Quelle:
Presseinformation, 27.03.2025
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel.: 09174/4775-80
E-Mail: info@lbv.de
Internet: www.lbv.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 4. April 2025
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